Grazer Gastlichkeit

Mit dem Freiblick und dem Kunsthauscafé führt Michael Schunko kulinarische Hotspots in Graz. JO|HANNS hat zum Interview gebeten.

März 11, 2022

Michael Schunko (C) Foto Fischer

Lieber Michael, du bist zwar nicht an Jahren, aber doch an Erfahrung einer der ältesten Gastgeber von Graz, was hat sich in den Jahren in gastronomischer Hinsicht geändert?
Es hat sich alles geändert. Der Stellenwert der Gastronomie hat sich dank vieler Kollegen, die tolle Locations eröffnet haben, stark positiv verändert. Ich denke zurück an die 90er Jahre, in denen Samstags nach Mittag in der Stadt nichts mehr los war, und sich erst am Montag die Stadt wieder mit Leben füllte. Damals gab es gefühlt nur eine Handvoll Lokale wie zum Beispiel das Restaurant von Gerlinde Gibiser oder den Stainzerbauer, hier hat sich sehr viel verändert. Speziell im Bereich Bermudadreieck, das in den 90ern eigentlich nur am Wochenende gut besucht war, hat sich, beginnend ab Mitte der 2000er Jahre, eine florierende Szene entwickelt. Man sieht die Veränderung natürlich auch Sonntags, hier kann man mittlerweile in vielen Lokalen essen gehen, und die Betriebe, die offen haben, sind auch voll. Neben der erhöhten Frequenz ist aber auch die Qualität des Angebots gestiegen. Ob es die Grossauer-Betriebe sind, die Aiola-Gruppe oder das Tribeka, hier ist ganz viel passiert, und man muß nicht mehr nach Wien fahren um Neues zu entdecken.

Hat sich auch der Gast verändert?
Natürlich. Die Wertschätzung des Gastes gegenüber der Gastronomie ist eine höhere geworden, aber das trifft, glaube ich, auf viele Dienstleistungen zu.

Du hast schon früh die Zusammenarbeit mit steirischen Produzenten gesucht, warst vor vielen Jahren einer der ersten in Graz, der das Gütesiegel „echt steirisch“ der Landwirtschaftskammer bekam. Ist die Regionalität noch immer ein Thema, bzw. welche Trends siehst du auf die Gastronomie zukommen?
Regionalität ist längst zum Standard geworden. Der Kunde erwartet es, und ich erwarte auch von meinem Lieferanten, dass sie hier regionale Produzenten finden und verantwortungsvoll mit den Produkten umgehen. Mittlerweile kann man internationale Menus komplett aus steirischen Lebensmitteln zubereiten. Das Wort „Nachhaltigkeit“ wird in letzter Zeit zwar inflationär verwendet, aber man gibt in der Küche schon massiv darauf acht. Absolut im Kommen ist natürlich die vegane Küche. Vegetarisch hatten wir ja schon, vegan ist ein Trend, der klar zu beobachten ist.
Musste der Gast früher nachfragen, ob man vielleicht etwas veganes oder vegetarisches für ihn zubereiten könnte, ist ein dementsprechendes Angebot auf der Speisekarte mittlerweile ein Must-Have, und nicht nur mit einem einzigen Gericht, sondern als vollwertiger Bestandteil des Speisenangebots.

Im Gespräch mit JO|HANNS-Herausgeber Siegfried Windisch

Die letzten 2 Jahre waren für alle schwierig, gerade die Gastronomie traf es hart. Wie hast du persönlich die Zeit der Pandemie erlebt?
Es waren zwei unfassbar schwierige Jahre, vor allem wenn man als Betrieb Mitarbeiter führt. Die Mitarbeiter im Unternehmen zu halten, den Kontakt aufrecht zu halten, war eine Herausforderung. Wir haben in dieser Zeit speziell auf Mitarbeiterschulungen gesetzt, uns oft in kleinen Gruppen getroffen, um an der Qualität und am Miteinander zu arbeiten. Wir haben die Zeit genutzt um Prozess-abläufe zu hinterfragen und zu optimieren. Natürlich war der Einbruch von Hundert auf Null brutal. Das gab es noch nie und dementsprechend hatte auch niemand Erfahrungswerte im Umgang mit so einer Krisensituation, das war sehr irritierend. Wir haben natürlich gute Unterstützung seitens des Bundes bekommen. Hier darf sich, glaube ich, niemand beschwerden, es gab viele Länder, in denen die Gastronomie keinerlei Unterstützung erfuhr. Die System der Kurzarbeit war ein äusserst positiver und gut funktionierender Hebel zur Bewältigung der Situation um die Mitarbeiter zu halten.

In Graz stolpert man alle 2 Schritte über einen Fahrrad-Essensboten. War es anfangs den Lockdowns geschuldet, hat der Trend doch nicht abgenommen. Hat der Gast das „weggehen“ verlernt?
Ich finde es großartig was hier passiert ist, und auch mit welcher Qualität gearbeitet wird. Natürlich wird der Gastronom in diesem Zusammenhang gefordert. Als Beispiel nehme ich den Grazer Zustelldienst Velofood. Nicht nur, dass hier umweltfreundlich mit Rädern zugestellt wird, die Qualität der gelieferten Produkte ist sehr hoch. War es früher so, dass aus speziellen Produktionsstätten, eigens für den Botendienst zugeschnitte Produkte ausgeliefert wurden, bieten viele Kollegen nun ein tolles Angebot mit hoher Qualität an, darum habe ich die Möglichkeit auch oft benutzt und gerne bestellt. In unseren Betrieben war es logistisch, ausser im Kunsthauscafé, nicht möglich „To Go“ anzubieten.

Du bist ein politisch denkender Mensch, warst auch Gemeinderat. Seit der letzten Wahl hat Graz nun ein kommunistisch-grüne Stadtregierung. Was sind deine Wünsche an diese neue Stadtregierung, welche Schwerpunkte soll sie angehen?
Ich glaube, daß der begangene Weg ein notwendiger war, um zu erkennen „Wo stehen wir in Graz?“. Nicht nur wirtschaftlich sondern auch politisch und gesellschaftlich. Die neue Koalition muss jetzt beweisen, dass sie regieren kann. Es wird interessant, zu beobachten, wie sie unsere Stadt weiterentwickeln will. Wichtig ist, dass die Wirtschaft weiterhin floriert und unterstützt wird. Hier muss sich das neue Führungsteam beweisen, schafft man es nicht, bekommt man als Politiker immer die Rechnung präsentiert und der Wähler wird wieder entscheiden. Wenn die Stadtregierung ihre Sache jedoch gut macht, dann ist das ein Punkt der zu akzeptieren ist. Ich finde manche Ansätze und Ziele der neuen Regierung spannend, einiges aber auch hinterfragenswert. Ich schätze Frau Kahr, weil ich seit meiner Zeit als Gemeinderat weiss, dass sie das Herz am rechten Fleck hat, meint was sie sagt und keine Spiele spielt. Glaubwürdigkeit war bisher eine seltene politische Eigenschaft, ob diese auch für den Koalitionpartner zutrifft, wird sich zeigen. Populistische Ankündigungspolitik wie das Wegnehmen einer Fahrspur am Kaiser-Franz Josefs-Kai, um ihn grüner zu machen – bebildert mit einem blattlosen Winterfoto – sind meiner Meinung nach entbehrlich. Welche der eineinhalb Spuren will man denn entfernen?
Was mich stört, ist die mangelnde Wertschätzung gegenüber Siegfried Nagl, der über viele Jahre für unser Graz gearbeitet hat und vieles dazu beigetragen hat diese Stadt lebenswert zu machen. Ihn im Nachhinein immer wieder mit Vorwürfen zu konfrontieren und ständig zu kritisieren halte ich für entbehrlich.

Dank ist eine seltene politische Eigenschaft.
Ja, leider.

Was sind deine beruflichen Pläne für die Zukunft?
Es wird ein neues Lokal in der Innenstadt geben, es gibt einige spannende Projekte, die mein Interesse haben, aber es ist noch zu früh um Details sagen zu können.

Was macht Michael Schunko in seiner Freizeit, wo findest du deinen Ausgleich?
Im Sport, mit Freunden unterwegs zu sein, zusammensitzen, gemeinsam etwas kochen, kulinarische Entdeckungsreisen ins Grazer Umland, wo es viel zu erleben gibt.

Wohin zieht es im Urlaub?
Ich bin sehr gerne in Griechenland, genieße das Klima, die Strände und mag die entspannte Mentalität der Bevölkerung.

Vielen Dank für das Gespräch!

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