Die Grazer Zinsendorfgasse ist die Heimatadresse der Fleischerei Mosshammer. Schon beim Eintreten ins Geschäft merkt man, hier ist das Handwerk noch am Leben, und dieses Handwerk duftet verführerisch. Im Gespräch mit Josef Mosshammer, der mit seiner Frau Brigitte das Geschäft führt, spürt man sofort, der Mann weiss wovon er spricht, und lebt und liebt sein Handwerk. Wir durften mit Josef Mosshammer, der auch Innungsmeister Stv. des steirischen Lebensmittelgewerbes ist, über Fleischgenuss, Tierschutz und Einkaufstrends der Steirer sprechen.
Eine provokante Frage an einen Fleischhauer: Essen wir zuviel Fleisch? Viele Experten sind sich einig, dass wir unseren Fleischkonsum drastisch reduzieren sollen. Manche empfehlen sogar ganz darauf zu verzichten. Wie sehen Sie das?

Josef Mosshammer: Eigentlich haben sie recht, es ist aber auch ein wenig der Zeit geschuldet. Früher, als noch viel mehr Menschen in Handwerksberufen arbeiteten, brauchte man einfach mehr Fleisch um dem Körper die notwendige Energie zuführen. Man war einfach mehr körperlich tätig. Denken wir uns das in der heutigen Zeit bei einem Unternehmensberater, oder einen Anwalt. Wenn der zu Mittag einen Schweinsbraten mit Knödel isst, schläft der am Nachmittag im Büro ein. Auch wenns sicher gut schmecken würde. Hier ist eine Umstellung der Ernährung sicher notwendig, was ja auch zur Zeit passiert.
Wie oft sollte man dann ihrer Meinung nach Fleisch konsumieren? Hängt das nur von den Lebensumständen ab?
Es muss jeder für sich selbst entscheiden, was ihm guttut. Einfach auf seinen Körper hören, das genügt schon in den meisten Fällen. Ich sehe das auch zum Beispiel bei meinen Eltern, beide über 70 Jahre alt. Die essen nicht mehr so viel Fleisch, weil sie es zum einen gar nicht mehr brauchen wie früher, und sie auch schneller satt sind.
Als Alternative kann man also ruhig auch einmal einen pflanzlichen Burger essen?
Diese Produkte sind sehr spannend, werden oft diskutiert und sind auch meist gut gemacht. Sie werden auch von Menschen gemacht, die wissen wie Fleisch schmeckt.
Was mich dabei allerdings stört, sind die Unmengen an Zusatzstoffen, die man braucht, um zu diesem Produkt zu kommen. Gerade bei Lebensmittelunverträglichkeiten sollte man auf künstliche Zusatzstoffe, wie zum Beispiel Geschmacksverstärker, so weit wie möglich verzichten. Bei unseren vegetarischen oder veganen Produkten versuchen wir darauf zu verzichten. Zum Beispiel sind unsere neuen Produkte auf Erbsenprotein-Basis einen Blick für die Grillsaison wert.
Hat sich der Fleischeinkauf in den letzten jahren verändert?
Ja, der Prozess war aber schon vor Corona zu bemerken. Während dieser Zeit hatten die Menschen mehr Zeit sich intensiver mit dem Thema Essen zu beschäftigen. Dieser Umbruch ist also nichts Neues. Der Kunde, der zu uns kommt, muss sich außerdem noch mit Parkplatzsuche, anstellen usw. beschäftigen. Also ich bewundere viele unserer Kunden und kann nur Danke sagen, weil ein Einkauf bei uns auch Zeit in Anspruch nimmt. Der Umbruch ist natürlich auch ein schleichender. Wobei man schon sagen kann, dass die Zahl der Flexitarier zunimmt, die Zahl der reinen und strengen Vegetarier beziehungsweise Veganer aber eher gering bleibt. Natürlich ist im Bewusstsein der Konsumenten schon sehr viel passiert, es wird sehr viel hinterfragt und das ist auch gut so. Das ist auch für uns gut, denn so werden auch wir gefordert, nicht so einfach zu vor uns hin zu produzieren sondern uns auch zu fragen, wo können wir nachbessern, wo sollten wir uns verändern. Es ist ein steter Wandel und das ist das Schöne an der Geschichte.
Ist gutes, hochqualitatives Fleisch mittlerweile eine Frage des Einkommens?
Nein. In unser Geschäft kommen alle Einkommenschichten, sowie alle Altersschichten zum einkaufen. Man muss sogar sagen, dass die, die vielleicht weniger zur Verfügung haben und genauer planen müssen, die kritischeren Konsumenten sind, genau wissen was sie wollen und mehr hinterfragen. Gerade in der Coronazeit haben wir sehr viel Zeit auch der Beratung der Kunden gewidmet. Die klassische Hausfrau als Kundschaft gibt es ja nicht mehr oder nur mehr selten. Die Kinder sind in der Betreuung oder in der Schule, werden dort versorgt, Eltern sind zumeist beide berufstätig. Hier hat in den letzten Jahren eine massive Änderung stattgefunden, und hier ist auch vieles an Wissen – Produkt- oder Kochwissen – das unsere Eltern noch hatten, leider verloren gegangen. Mittlerweile wird oft bei Youtube nachgeschaut, wie man Reis oder Kartoffeln kocht. Kochen im eigentlichen Sinne passiert eigentlich nur mehr am Wochenende.
Manche vegan lebende Menschen versuchen, oft mit aggressiven Methoden, anderen Menschen ein schlechtes Gewissen einzureden, ja sie sogar teilweise zu kriminalisieren wenn sie Fleisch essen. Was kann man solchen Menschen antworten?
Wir bekommen über die sozialen Medien immer wieder ähnliche Nachrichten. Ich lade solche Menschen dann gerne zu uns ein und sage wir haben ein offenes Haus. Schaut es euch an. Es ist ein bisschen ein Hobby von mir geworden, mit diesen Menschen zu diskutieren. Sie haben sich ihr persönliches Weltbild zurechtgelegt und man kann mit ihnen natürlich auch bis zu einem gewissen Punkt diskutieren, bis – wenn ihnen die Argumente ausgehen – der liebe Gott oder etwas esoterisches ins Spiel gebracht wird. Leider gab es in den letzten Monaten wirklich unschöne Bilder von landwirtschaftlichen Betrieben. Aber für mich sind alle, die eine Landwirtschaft betreiben, unglaubliche Idealisten. Das wird aus meiner Sicht nicht genug honoriert. Landwirtschaft ist ein 24/7 Job in einer Zeit, in der viele schon von einer 4-Tage Woche reden. Und natürlich kann da auch mal etwas passieren. Hinter der überwiegenden Mehrzahl der vorgebrachten aktuellen Vorfälle in den Betrieben steckt jedoch ein meist persönliches, menschliches Schicksal dahinter, sodass der Landwirt zu diesem Zeitpunkt nicht in der Lage ist, seine Arbeitsabläufe so zu gestalten, wie er es gewohnt ist. Ich glaube nicht, dass so etwas absichtlich passiert. Mein Vorwurf an Klimakleber, radikale Tierschützer und Co. ist, es ist ja alles schön und gut, aber versetzt euch manchmal auch in die Lage anderer. Stellt euch vor, ihr wacht in der Nacht auf und ein Fremder steht vor eurem Bett. Nichts anderes ist es, wenn man in der Nacht in Stallungen einbricht. Weltverbesserung hin oder her, wer pflegt denn die Landschaft in Österreich, wer mäht die Wiese, wer melkt die Kuh, die gekalbt hat. Der Landwirt. Wird die laktierende Kuh nicht gemolken, stirbt sie. Man muss ab und zu schon ein wenig seinen gesunden Menschenverstand nutzen, und auch hinterfragen. Und genau dieses Hinterfragen macht für mich den Unterschied aus zwischen einem mündigen Bürger und einem der nur laut schreit. Hinterfragen ist berechtigt, ist gut, so kann sich etwas verändern. Aber jemanden in sektiererischer Art und Weise sein Weltbild aufzuzwingen, das halte ich für falsch.

Zurück zum Fleisch. Worauf sollte man beim Fleischeinkauf achten?
Fleischeinkauf ist Vertrauenssache. Als Innungsmeister muss ich aber leider sagen, dass klassische Fleischhauereien schon sehr rar gesät sind.
Die Grillerei ist eine Leidenschaft vieler Männer. Wer kauft dafür ein? Mann oder Frau?
Sowohl als auch, und durch unsere neu entwickelten veganen und vegetarischen Produkte, die man auch gut grillen kann, haben wir eine neue Zielgruppe erschlossen, nämlich junge Paare. Da sucht sie sich zum Beispiel gefüllte Tomate mit Bulgur oder den Schafskäse mit Zucchini ummantelt aus, und er ein Stück Fleisch. So werden beide bedient und das ist sehr schön. Natürlich, wenn nur der Mann, vor allem aus unserem Jahrgang einkaufen geht, wird es etwas fleischlastiger.
Was sind die Lieblingsstückerl der Steirer am Grill?
Eine große Renaissance hat das Würstel erfahren. Das war schon mal tot, geschuldet durch billigste Würstel, die auf Zeltfesten vor 10, 15 Jahren landauf, landab verkauft wurden. Daran haben sich die Leut´ satt gegessen. Durch neue Kreationen wie Chili-Cheese-Würstel, Salsiccia, Tomaten-Kräuterwürstel und so weiter … durch diese Vielzahl und auch zum Beispiel durch unseren Bratwurst-Sonntag am 1. Advent wurde das Würstel wiederbelebt. Ein gutes Steak steht natürlich immer am Einkaufszettel.
Wenn man sein Leben lang beruflich mit Fleisch zu tun hat, steht Josef Mosshammer auch privat gern am Grill?
Selbstverständlich. Große Freude machen mir auch unsere Grillseminare, weil man da auch selbst immer wieder neues ausprobieren kann.
MEHR Infos:
Fleischerei Mosshammer
Zinzendorfgasse 12, 8010 Graz
Tel.: 0316 31 91 95
www.mosshammer.at