Bis zum Horizont und darüber hinaus: Einmal rund um den Atlantik

Martin „Jambo“ Daldrup hat sich einen langen Traum erfüllt. Mit seinem 10 Meter langen Segelboot umrundete er alleine den Atlantik. Im JO|HANNS-Interview erzählt er, wie er mit der Einsamkeit klarkommt, vom coronabedingten Lockdown in der Karibik und von seinen weiteren (Segel-)Plänen.

Februar 1, 2021

Text: Siegfried Windisch

Eigentlich wollte er sich ja ein Motorboot kaufen, um gemütlich mit seiner Partnerin Anke seinen vorzeitigen (Un-)Ruhestand genießen zu können. Der Zufall – und das gute Zureden vieler Freunde – wollten es jedoch anders geschehen lassen. Spontan erwarb Martin Daldrup, 56 Jahre alt, aus Selm (Nordrheinwestfalen), eine Segelyacht, eine Bavaria 34 Holiday, mit dem Namen „Jambo“. Die Ziele waren erst klein, doch schnell wurde Martin klar, das Segeln ist seine neue Passion. Getreu seinem neuen Motto „Bis zum Horizont, und darüber hinaus“ überquerte Martin „Jambo“ im letzten Jahr einhand (also alleine) den Atlantik und kehrte heuer im Juni wieder zurück. 11.500 Seemeilen (ca. 21.300 Kilometer) später durfte JO|HANNS sich mit ihm über seine Reise und Zukunftspläne unterhalten. 

Martin, Du bist einhand von Deinem Heimathafen Enkhuizen (NL) durch den Englischen Kanal, über die Biskaya, zu den Kanarischen Inseln bis in die Karibik und wieder zurück gesegelt. Wie kommt man mit der Einsamkeit auf so einer Reise klar? 

MJambo: Ich bin eigentlich ein sehr geselliger Mensch, trotzdem macht mir das Alleinesein auf See nichts aus. Im Gegenteil. Ich glaube, man kann das Meer mit all seinen Facetten nur alleine richtig genießen. Ausserdem hatte ich ja meine Jambo. Es gibt immer genug zu tun und zu sehen. Auch die Bearbeitung meiner Videobeiträge hat mich gut beschäftigt.

(c) www.mjambo.de

Deine Videos sprühen vor Lebensfreude und Lust am Segeln. Gab es nie Momente, in denen Du Dir gedacht hast, warum tu ich mir das eigentlich an? 

Eigentlich nicht. Natürlich kann es mal zu Stimmungstiefs kommen. Ich hatte zwei auf meiner Reise. Aber das legt sich eigentlich in kurzer Zeit wieder. Segeln ist ja meine Leidenschaft, daher kommen mir kaum negative Gedanken. Und wenn man Momente erleben darf, in denen man z.B. einen springenden Wal beobachten darf, oder Delphine filmt, die in der Bugwelle spielen, wird man für manche Entbehrung mehr als belohnt. 

Großes Thema: der Schlaf. Du musst ja in der Nacht regelmäßig Ausschau halten und kannst nur in kurzen Intervallen schlafen. Wie kommst Du damit klar? 

Da muss man folgendes unterscheiden: Natürlich fallen die ersten Nächte, in denen man erst einen guten Rhythmus finden muss, sehr schwer. Aber es macht schon einen Unterschied, ob man in einem verkehrsreichen Gewässer wie zum Beispiel dem englischen Kanal unterwegs ist, wo die Schlafintervalle mit 20 bis 30 min sehr kurz sind, oder mitten auf dem Atlantik, wo man vielleicht alle zwei Tage mal einem anderen Schiff begegnet. Gerade auf der Atlantiküberquerung habe ich, gesamt gesehen, beinahe mehr geschlafen als zu Hause, und bin sicher auf gute 10 Stunden – auf den ganzen Tag verteilt – gekommen, aber halt mit vielen Unterbrechungen. Ausserdem habe ich gute Instrumente an Bord, die mich rechtzeitig warnen, wenn sich eine Begegnung mit einem Schiff ankündigt.

Martin. (c): mjambo.de

Dein Schiff ist mit 34 Fuß (10,7 m) nicht gerade groß. Du musstest aber viel Proviant, Wasser, Werkzeuge, Ersatzteile etc. bunkern. Hast Du Dir manchmal ein größeres Schiff gewünscht? 

(Lacht) Jeder Segler tut das. In Punkto Seetauglichkeit kann ich mich auf meine Jambo verlassen, da gab es auch bei hoher Welle und viel Wind kaum Probleme. Wenn man allerdings nicht alleine unterwegs ist – in der Karibik haben mich ja Freunde besucht – wird es schon etwas eng. Ich habe aber schon ältere Segler getroffen, die mit dem Segeln aufgehört hatten, weil ihnen ihr Schiff zu groß wurde, um es regelmäßig zu bewegen. Die meinten, mit einem Schiff wie der Jambo würden sie vielleicht noch immer unterwegs sein. Ob meine Jambo bis in alle Ewigkeit bei mir bleibt, weiß ich selbst noch nicht. 

Gab es Equipment, das Du am Schiff vermisst hast? 

Die fehlende elektrische Ankerwinde hat mich gar nicht so gestört, man bekommt den Anker ganz gut per Hand hoch. Ein Wassermacher hat mir in der Karibik gefehlt. Man liegt doch lange vor Anker, und muss sonst mühsam Kanister über Kanister von Land mit dem Beiboot holen. Die Stromversorgung ist auf einem Segelschiff sicher eines der zentralsten Themen. Ich hatte zwar Solarpaneele, die eigentlich ganz gut funktionierten, aber leider waren die Batteriebänke der Jambo trotz Neukauf nicht besonders standhaft. Ich habe dann in der Karibik einen kleinen mobilen, benzinbetriebenen Stromgenerator erworben, der vom Wirkungsgrad her wesentlich besser funktionierte als die Kombination aus Borddiesel und Lichtmaschine. 

Wie hast Du den Lockdown in der Karibik erlebt? 

Eigentlich im Großen und Ganzen gut. Meine Lebensgefährtin Anke war bei mir, wir hatten eine sichere Ankerbucht vor Martinique, einen offenen Supermarkt und schönes Wetter. Wir hätten es wirklich schlimmer treffen können. Trotz allem war da natürlich immer die Unsicherheit, wie es weitergeht. Man kann ja nicht bis in alle Ewigkeit in der Karibik bleiben. Zum einen musste Anke zurück nach Deutschland, und ich wollte über die Azoren wieder zurück nach Europa fahren, denn von Juni bis November ist Hurrikansaison.

Klickt man sich durch Youtube, bemerkt man, dass sich immer mehr jüngere Menschen für das Thema Langzeitsegeln interessieren… 

Ja, und das ist eine schöne Sache, obwohl das Gros der Segler natürlich in eher gesetzterem Alter ist, hier kommt auch der finanzielle Aspekt einer solchen Reise zum Tragen. 

Was sind Deine nächsten Pläne? 

Es gibt einen Plan A und einen Plan B. Plan A war wieder loszufahren, diesmal Richtung Australien und eine Weltumrundung daraus zu machen. Allerdings nicht mit der klassischen Route über den Atlantik und Panama, sondern in die andere Richtung. Den Plan hatte ich aber durch die Situation mit Corona längere Zeit wieder hinten angestellt und wollte, als Plan B, mir Griechenland ansehen. Die längeren Überfahrten hätte ich wieder alleine gemacht, Anke wäre nachgekommen. Jetzt sieht es so aus, als könnte Plan A doch realisierbar sein. Man wird sehen. 

Was würdest du Seglern raten, die ebenfalls von einer Reise, so wie Du sie im letzten Jahr gemacht hast, träumen? 

Ganz einfach: Machen.

Lieber Martin, vielen Dank für das Gespräch und immer eine Handbreit….

www.mjambo.de
Facebook: m-jambo-sailing
youtube: M Jambo

Segelyacht Jambo
Bavaria 34 Holiday
Erstwasserung: 2009
Länge: 10,71 m
Breite: 3,60 m
Tiefgang: 1,55 m
Wasserlinie: ca. 9,7 m
Gesamtgewicht: ca. 7 t

Rollgross ca. 25 m²
Genua ca. 30 m²

Pflugscharanker, verzinkt, 15 kg
Plattenanker 20 kg in Reserve
50 m feuerverzinkte Kette 8 mm
Ankerbleileine 40 m

Volvo Penta D1-30 mit 27 PS
Lichtmaschine 115 A
Faltpropeller 3 Flügel

Dinghi Marinepool 2 1/2 Personen
Außenborder 6 PS

2 Spannungswandler 12V auf 220V mit 1.500 W und 2000 W mit permanenten 220 V im gesamten Bordnetz auch unterwegs und umschaltbar auf Landstrom.

Frischwassertank 300 l
Fäkalientank 75 l
Diesel 150 l plus 3×20 l Reserve
Benzin 10 l externer Tank für den Außenborder

Solaranlage:
4 semiflexible Module mit je 120 Wp, jeweils 2 Module in Reihe geschaltet

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Eine Antwort

  1. … einfach nur genial…macht Lust auf Segeln mit allem drum und dran… auch wenn ich mir die meisten der gezeigten Törns…noch? … nicht zutrauen würde…es macht einfach Spaß,“dabei“…zu sein…bitte nicht aufhören… ahoi und allzeit gute Fahrt und eine Handbreit Wasser unter dem Kiel… Dirk… Magdeburg

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